Die Bettinaschule setzt ein Zeichen gegen Ausgrenzung und Vergessen. Seit längerer Zeit befasst sich die Bettinaschule mit dem Thema Nationalsozialismus: Zum 9. November organisiert die Schülervertretung (SV) jährlich einen Gedenktag, zu dem auch Zeitzeugen eingeladen werden, um über ihre Erlebnisse und Erfahrungen zu berichten. Die SV und die Schule arbeiten eng mit der Lagergemeinschaft Auschwitz, dem Freundeskreis der Auschwitzer, mit der Anne Frank Begegnungsstätte, dem Fritz-Bauer-Institut und dem Jüdischen Museum zusammen. Die Geschichte der Bettinaschule während der NS-Zeit wurde in mehreren Projektwochen anhand vorhandener Akten aufgearbeitet. Etwa ein Drittel der Schülerinnen des damals "Viktoriaschule" genannten Mädchengymnasiums gehörte dem jüdischen Glauben an. Sie mußten ab 1933 wegen der nationalsozialistischen antisemitischen Politik die Schule verlassen. Die Namen dieser Mädchen haben Mitglieder der SV aus den alten Schulakten zusammengestellt. Damit legten sie den Grundstein für ein Archiv, das sie weiter ergänzen wollen. Eine Projektidee entsteht Diese Nachforschungen brachten die SV auf die Idee, mit einer Gedenkstätte die Mädchen, die ab 1933 die Schule verlassen mußten, symbolisch wieder in die Schulgemeinde aufzunehmen. In dieser Planungsphase suchte sie an einem Runden Tisch das Gespräch mit dem jüdischen Museum, dem Fritz-Bauer - Institut, mit ehemaligen jüdischen Viktoriaschülerinnen und stieß dabei auf große Zustimmung und erfuhr erfreulich breite, auch unbürokratische Unterstützung bei der Planung und Finanzierung dieses Projekts. Auf einem SV-Arbeitswochenende nahm die Idee weitere Gestalt an und es ergab sich eine Kooperation mit dem Kunstleistungskurs des Abiturjahrgangs. Dieser Kurs hatte als Hausarbeit Skizzen bzw. Modelle einer Denkmalanlage erstellt. Zur Vorbereitung der Hausarbeit diente die inhaltliche Auseinandersetzung mit moderner Gedenkpraxis, die Auseinandersetzung mit der Diskussion um das zentrale Holocaustmahnmal in Berlin und die Auseinandersetzung in Frankfurt um die Erhaltung der Ausgrabungen der Judengasse und um die Gestaltung des Börneplatzes. Erinnern für die Zukunft Um eine Beziehung der heutigen Schülerinnen und Schüler zu den damaligen Viktoriaschülerinnen herzustellen, möchte die SV sogenannte Patenschaften ins Leben rufen. Alle Klassen und Kurse unserer Schule können Patenschaften für ehemalige Schülerinnen übernehmen, selbständig über deren Biographien Nachforschungen anstellen und diese Einzelschicksale von der Ausgrenzung bis hin zum Exil oder Vernichtung im "offenen Archiv" dokumentieren. Sie werden die Namensschilder ihrer Paten-Schülerin selbst gestalten und an der Gedenkstätte anbringen. Sie können dabei auch sensibel für die Wahrnehmung ihrer eigenen Lebenssituation werden und eventuell eigene Handlungsspielräume für das Eintreten gegen Diskriminierung und Ausgrenzung entwickeln. In einem Archiv der Realität können sie ihre eigenen Gedanken und Gefühle dokumentieren. Die Arbeit am/im Archiv heißt eben auch, dass man sich informiert, lernt und miteinander spricht. Am 26. Januar 2001 veranstaltete Frau Sigurdsson, deren Vorhaben "Die Bibliothek der Alten" in Frankfurt verwirklicht wird, mit der SV und weiteren interessierten Schülerinnen und Schülern der Bettinaschule einen Workshop, in dem viele Ideen zur Gestaltung eines offenen Archivs entwickelt wurden. Finanzierung der Gedenkstätte Um das Projekt finanzieren zu können, hat die SV viele Initiativen ins Leben gerufen: - Der Erlös eines von ihr organisierten Schulfestes kommt der Gedenkstätte zugute - Zu Beginn des neuen Schuljahres stellte sie auf allen Elternabenden das Projekt vor und sammelte Spenden - Der Kunstkurs beteiligte sich an einer Ausschreibung zur Förderung   von Mädchenkulturprojekten des Frankfurter Frauenreferats - Sie nahm Kontakt mit Banken und Unternehmen unseres Stadtteils auf und bat um Unterstützung des Projekts - Eine Druckerei im Westend spendete einen von ihr entworfenen Flyer in 1200 facher Auflage - Eine wichtige Unterstützung erfährt die SV durch die Zusammenarbeit mit dem Stadtpfarramt der Katharinenkirche.   Im Rahmen der Veranstaltungsreihe Christliche Frauen im Widerstehen gegen den Nationalsozialismus, Ausstellung   der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück und der Vortragsreihe: Keine Zukunft ohne Widerstehen sang der Chor   unserer Schule und am Eröffnungsabend der gesamten Veranstaltungsreihe wurde für unser Vorhaben geworben   und gesammelt. Auf weiteren Rahmenveranstaltungen zu der Ausstellung stellte die SV ihr Projekt vor. An zwei   Adventssamstagen stellte sie ihr Projekt mit einer kleinen Ausstellung in der Katharinenkirche   vor und sammelte Spenden. - Sie teilte sich im Rahmen des Stadtteilwettbewerbs "Bockenheimer Idee 2000" mit einer Geschichtswerkstatt   den ersten Preis - Sie bekam den Baum, einen 4 Meter hohen Gingko, der an der Gedenkstätte gepflanzt wurde,   von der Frankfurter Sparkasse 1822 im Rahmen des Projekts Schulhofverschönerung gespendet - Das Stadtschulamt hat mit einer unbürokratischen Sonderaktion eine Mauer einreißen lassen und damit das   Gelände auf dem Schulhof für die Gedenkstätte vorbereitet - Das Frankfurter Amtsgericht sprach dem Projekt Bußgelder zu - Im Frühsommer 2001 erhielten wir den Friedenspreis für Frankfurter Schulen, der mit 5ooo,-DM dotiert ist. - Der Bundesbankpräsident unterstützt das Projekt der Bettinaschule. Eine Sondermünze wird mit einem Aufschlag,   der der Schule als Spende zukommt, verkauft. Realisierung der Gedenkstätte Die Entwürfe des Kunstkurses wurden am 27.03.01 auf einem Präsentationsabend der Schulöffentlichkeit und einer Jury vorgestellt. Die Jury bestand neben Kolleginnen und Kollegen der Bettinaschule und der Schülervertretung aus Mitgliedern der jüdischen Gemeinde, des jüdischen Museums und des Fritz-Bauer-Instituts. Auf ihrer Sitzung vom 04.04.01 wählte die Jury nach intensiver Beschäftigung mit allen 12 eingereichten Modellen zwei Grundideen zur Umsetzung für die Gedenkstätte aus: eine geborstene , hell-dunkle Mauer, die die Namen der ehemaligen jüdischen Viktoriaschülerinnen trägt und gestaltete Bänke, die in einem gebrochenen Kreis um einen Gingkobaum angeordnet sind. Nach dieser Entscheidung erstellten wir ein Modell, das die endgültige Gestalt der Gedenkstätte zeigt, suchten die entsprechenden Steine bei einem Steinmetz aus und haben nach einer Ausschreibung den Auftrag zur Errichtung der Gedenkstätte vergeben.